Heute beginne ich mit einem ausdrucksstarken -.-
Ich bin ja ein absoluter Freund von Beweisführungen und
einer gesunden Skepsis, die zur Prüfung der Echtheit von Behauptungen führt.
Aber diesmal wäre mir ein Fake doch lieber gewesen. Ehrlich jetzt!
Das Thema ist ein Bild von einem Viertklässler-Wissenschafts-Test
aus den USA, das schon im Netz die Runde gemacht hat. Für diejenigen, die es
noch nicht kennen, verlinke ich hier ein Bild davon:
Als kurze Grobzusammenfassung: Es werden Fragen gestellt
und sie sind mit wahr oder falsch zu beurteilen. Fragen wie ‚Die Erde ist Milliarden
von Jahren alt‘, ‚Dinosaurier lebten mit Menschen zusammen‘ und ‚Wenn ein Tier
scharfe Zähne hat, bedeutet das folgerichtig, dass es ein Fleischfresser ist‘.
Erschreckend sind nicht einmal unbedingt die angekreuzten
Antworten, sondern die 1+ mit Smilie, die dafür gegeben wurde. Allein das
Gesamtbild dieses Schultests lässt einen auf die Knie fallen, die Hände nach
oben recken und aus vollem Hals schreien: „Why, dafuq???
Why???“
Wenn man sich jetzt reinzieht, dass der Test wirklich
echt ist - er stammt von einer privaten, christlichen Schule im US-Bundesstaat
South Carolina - dann bleiben mir für eine Schweigeminute die Augen weit offen
stehen. So in Untertassengröße…
Und ich hoffe sehr, dass ich damit nicht allein dastehe.
Ich meine.. Ziehen wir uns das mal kurz rein und denken es
durch:
Kinder werden in der Grundschule mit bestimmten
Informationen gefüttert. Beispielsweise, dass 1 +1 = 2 ist. Und dass man
President nicht wie Motherfucker buchstabiert. Und eben, dass die Erde nicht
Milliarden von Jahren als ist, sondern von Gott geschaffen wurde. In sieben
Tagen. Inklusive allem, was ist.
Dinos wurden von ihm auch geschaffen. Am sechsten Tag.
Und einer davon ist der biblische Behemoth. Übrigens ein Diplodokus Longus,
würde ich sagen. Nicht meine erste Wahl für ein biblisches Monster. Im
Vergleich zum riesigen Körper war der Kopf doch wenig furchteinflößend und so. Aber
egal…
Dinosaurier lebten mit Menschen zusammen und alle
Lebewesen aßen anfangs nur Pflanzen. Und man kann keinesfalls von der Form der
Zähne auf die Ernährungsgewohnheiten schließen.
Okay… Kinder bekommen eine Menge Scheiß in den Kopf
gestopft. Vom Fernsehen und von sonst wo. Aber was man in der Schule lernt,
bildet doch den Grundstein für das, was man später erlernen soll. Wenn dieses
Kind mit seiner 1+ durch die High-School geht, wird es doch mit einer gewissen
Chance um sich herum lauter Lügner und Gotteslästerer sehen. Die Lehrer, die
echte Wissenschaften unterrichten, eingeschlossen.
Und dieses Kind kann trotzdem mit etwas Glück Arzt
werden. Oder selbst Lehrer. Was zwei der Worst Cases in meinem Kopf sind. Ich
möchte nämlich nicht von einem Arzt behandelt werden, der Krebs für eine
gerechte Strafe Gottes hält und mir deswegen gar nicht erst davon erzählt. Oder,
der meinen Kindern so einen Haufen Scheiß beibringt.
Die Freiheit, die gewählte Religion auszuüben, ist ein
wertvolles Grundrecht, finde ich. Ehrlich jetzt. Jeder soll über höhere Mächte
glauben dürfen, was er will. Und wer sich bis zur völligen Handlungsunfähigkeit
der Gnade eines Hirngespinstes ausliefern möchte, der darf das gerne tun. Wenn
er erwachsen ist und für seine Handlungen selbst die Verantwortung trägt. Und wenn
niemand dabei geschädigt wird.
Aber Kinder zu indoktrinieren und auf ein bestimmtes
Weltbild zu programmieren, das so krass jeder Logik entgegensteht und vor allem
Stagnation und Weltuntergang propagiert, statt den Menschen zur
Eigenverantwortlichkeit anzuhalten und zur Weiterentwicklung aufzufordern…? Geht’s
noch, dafuq???
Warum gibt es dagegen keine Gesetzte?
Jaja… Ich sehe auch die andere Seite. Die Idiotie der Kreationisten-Lehre
ist ein Glaubensbekenntnis. Und Religionsfreiheit bedeutet, Leuten zu erlauben,
den Scheiß zu glauben. Oder nicht?
Naja… Ich frage mich, ob Religionsfreiheit nicht da enden
sollte, wo Religion diskriminierend wird. Und Evolution abzulehnen ist
Diskriminierung, weil Unterschiede zwischen den Menschen evolutionsbedingt
immer wieder auftreten werden.
Schließlich hat die Kirche die Rassentrennung auch mal
unterstützt, um jetzt nur ein Beispiel zu nennen.
Ich persönlich bin absolut dafür, Kindern schon relativ
früh eine Zusammenfassung über den Mist zu geben, den Menschen in der
Vergangenheit als absolute Wahrheit betrachtet haben. Kinder sind pfiffig. Und
sie sollen sich ruhig ein Bild davon machen, was für einen langen Weg die
Menschheit hinter sich hat. Und wie weit der Weg noch ist, den sie bis zur
Vernunft zu gehen hat.
Aber Kinder auf einen einzigen, bestimmten Lehrsatz zu
programmieren, ist ziemlich krass. Und ich lasse nicht gelten, dass Kinder auf
die wissenschaftliche Sichtweise programmiert werden würden, denn neben dieser
Art von Unterricht hat jedes Kind die Freiheit, sich für Religion zu
interessieren. Und normalerweise schiebt dem auch niemand einen Riegel vor,
wenn die Eltern nicht vollends borniert sind.
Sicherlich kann Wissenschaft auch mit religiösem Eifer verfolgt
werden. Und auch dem stehe ich ein wenig skeptisch gegenüber. Aber im Gegensatz
zur Religion zielt die Wissenschaft darauf ab, Antworten für reale Probleme zu
liefern. Und Religion liefert spirituelle Ansätze.
Eine Version des Christentums, die ich akzeptieren kann,
widmet sich den moralischen Werten der Nächstenliebe und lässt jeden ins
Paradies, der sich anständig verhält. Was in vielerlei Hinsicht bedeuten würde,
dass einige Wissenschaftler drin sind und einige Kreationsiten nicht. Ätsch.
Wieso gewisse Religionen für sich unbedingt den
Absolutheitsanspruch erheben müssen, erschließt sich mir also nicht. Außer, wenn
ich das betrachte, als wäre es der Kindergarten und die Frage würde lauten: Wer
ist hier der Obermacker?
Dann macht es Sinn. Dann sagen die Christen mit ihrer
Schöpfungslehre: Hier!
Blähh…!
Man merkt vielleicht, dass die Bestätigung der Echtheit
dieses Beispiels für Gehirnwäsche bei Kindern mir wirklich ein wenig zu
schaffen macht. Ich muss an die Knirpse aus meinem Bekanntenkreis denken. Und
an die fast erwachsenen Jugendlichen dort.
Einer von denen bringt vielleicht ein Kind zur Welt, das
einen neuen Schritt in der menschlichen Evolution darstellt. Mit eventuell
sichtbaren Abweichungen. Und ich kann mir gut vorstellen, wie der typische
Hardcore-Kreationist darauf reagieren würde. Satansbrut und
Verbrennungsvorschläge und so…
Aber noch viel naheliegender ist die Frage, was für eine
Welt wir diesen Kindern hinterlassen.
Lassen wir zu, dass sie auf ein neues Mittelalter zusteuert,
in dem ein Wort Gesetz ist und jeder, der was dagegen sagt, öffentlich verbrannt
wird? Oder finden wir einen Weg, wie Glaube und Logik nebeneinander existieren
können?
Ich weiß es nicht, habe aber so meine Befürchtungen…
Trotz allem ist und bleibt dieser Test, um den es hier
geht, für mich ein großes, großes Dafuq!?!
Und es erfüllt mich mit großer Sorge, dass diese Bewegung
in den USA und auch in europäischen Ländern das Recht hat, ihre Lehren
gleichberechtigt neben - oder sogar ANSTELLE VON - der Evolutionstheorie
verbreiten darf.
Die Wissenschaft bietet Erklärungsansätze für
Veränderungen innerhalb der Tier- und Pflanzenwelt. Und etwas als natürlichen
Prozess zu betrachten steigert die Akzeptanz. Die Religion liefert nur einen
Ist-Zustand, sagt als Begründung ‚isso‘ und schiebt alle Abweichungen dem
Teufel unter. Und wie mit etwas, das vom Teufel kommt, umzugehen ist, wissen
wir ja alle.
Zurück bleibt diesmal kein Gefühl der Befreiung, weil ich
mir etwas von der Seele geschrieben habe.
Eher ein Gefühl der Beklemmung, weil ich mir gut
vorstellen kann, wie diese ganze Geschichte sich in der nahen Zukunft noch mehr
zuspitzen könnte.
Sorry, wenn das jetzt anderen auch so geht. Aber
andererseits auch wieder nicht, denn wenn sich andere auch Gedanken darüber
machen, können wir vielleicht gewissen Entwicklungen gemeinsam entgegensteuern.
Und das werden wir irgendwann müssen, befürchte ich. Weil Dummheit und
Kurzsichtigkeit eben den einfacheren Weg darstellen, wenn man sie mit Weitsicht
und Toleranz vergleicht.
In diesem Sinne…
…nachdenklichen Samstag, wünsche ich.
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