Mittwoch, 10. Juli 2013

Ranting about - Oberflächlichkeit


Browsing YouTube… again…
Und hier ist, was ich gefunden habe:

  
Der Clip birgt natürlich wenig Überraschungen. Bei Paul Potts war das noch ein einmaliger Knaller. Heute haben wir auch diese Art von Überraschung schon mehrfach erlebt. Und deswegen starrt man auch nicht mehr offenen Mundes auf den Bildschirm.
Aber im Grunde ist das auch einer der Punkte, die mich zutiefst irritieren. Und ich meine jetzt nicht die Abstumpfung, sondern den Umstand, dass man es ja durchaus erwarten könnte…

Da kommt also der Dicke mit der Hübschen auf die Bühne und der Gedanke an die Schöne und das Biest ohne Chance auf ein Happy End ist sofort da. Aber was Mr. Cowell zum Ausdruck bringt, ist mehr als das. Es geht über die leicht mitleidige Feststellung hinaus, dass der Junge in dem Clip wohl niemals seine Duett-Partnerin nackt sehen wird. Auch wenn er gewiss zu ihrem Bild in seinem Kopf seinen Jürgen würgt.
Das Genannte ist eine traurige Realität. Wer so aussieht wie Jonathan hat es schwer bei den Mädels. Er kann eine Seele von Mensch sein und trotzdem wird ihm nie die Bude eingerannt. Die Friendzone ist sein Zuhause.
Bittere Realität für Dicke. Und nicht das, worum es mir geht.

Der Junge geht nämlich nicht mit seiner Gesangspartnerin auf die Bühne, um eine Ehefrau zu finden. Und auch nicht, um einen Porno zu drehen.
Er kommt in die Show, um zu singen. Und trotzdem wird er allenthalben gemustert, als hätte er gerade öffentlich irgendwelche amourösen Avancen verkündet.
Simon Cowell fasst in Worte, was sichtlich reihenweise Leute im Publikum denken. Und er ist sogar noch recht diplomatisch dabei.
„Und ihr dachtet, die Kombination würde funktionieren?“, fragt er. „Denkt ihr, ihr könnt gewinnen?“

Dazwischen liegt eine rührende Sequenz, in der die junge Dame sich darüber auslässt, dass man Menschen nicht nach ihrem Äußeren beurteilen sollte. Und dennoch verwette ich mein linkes Ei darauf, dass sie sich nicht mit ihrem Gesangspartner einlassen würde. Sexuell meine ich.
Aber das muss sie auch nicht. Und ihre Worte haben dennoch Gültigkeit. Auch wenn sie vielleicht in Wahrheit ihrerseits nicht ganz dahintersteht, wenns um die Wurst in seiner Hose geht. Schließlich geht es bei dem ganzen Auftritt nicht ums Ficken, sondern ums Singen.
Kleiner, aber feiner Unterschied.

Zu sehen, was dann passiert, ist mir tatsächlich ein innerer Reichsparteitag.
Jonathan flasht das Publikum mit einer Pavarotti-Stimme. Nebenbei bemerkt etwas, was man als Juror zumindest hätte als Option erwägen können, denn Pavarotti war auch ein Fettsack. Aber zu warten, bis jemand gezeigt hat, was er kann, bevor man sich ein Urteil anmaßt, wäre nicht so plakativ und schlechter für die Einschaltquoten.

Hinterher sind natürlich alle platt.
Das Publikum weint, die namenlosen und unwichtigen Jury-Mitglieder sind zutiefst berührt und Simon Cowell bringt auf den Punkt, dass der Junge der Star ist und seine Partnerin es nicht bringt. Aber Jonathan hält natürlich an der Partnerschaft fest.
White Trash… Bah…

Aber das ist nicht der Punkt.
Der Punkt ist, dass auch nach Paul Potts das generische Publikum nicht gelernt hat, sich die Bewerber erst einmal anzuhören. Und die Jury auch nicht.
Fetti kommt rein und man fragt die Schnecke an seiner Seite, ob sie sich wirklich sicher ist, DAS versuchen zu wollen. Mit DEM.
Wie stehen die Chancen zu gewinnen? Gleich Null, möchte man meinen. Es sei denn, da wäre jetzt der unwahrscheinliche Fall gegeben, dass unglaubliches Talent irgendwo versteckt ist. Platz genug dafür bietet die Oberfläche des Dicken dazu ja durchaus.

Hinterher denkt dann keiner mehr an seine Masse. Plötzlich ist er ein unglaubliches Gesangstalent. Und vielleicht ist er ja auch krankheitsbedingt so mopsig. Wäre toll, denn dann wäre es noch leichter, ihn zu mögen.
Vorher interessiert das kein Schwein. Vorher ist er Abschaum und hat auf dieser Bühne eigentlich nichts verloren. Er ist eindeutig als einer von denen klassifiziert, die nur zur Belustigung gut sind.
Und das KOTZT mich an!

Ich beurteile Menschen auch nach äußerlichen Kriterien, bevor ich mit ihnen reden kann.
Bewegungsmuster, Körperhaltung und sogar Stil sagen viel über einen Menschen aus. Man kann sehen, ob jemand einfach kein Körpergefühl hat oder vielleicht aufgrund innerer Missbildungen komische Bewegungen macht. Man kann sehen, wie jemand sich selbst betrachtet, wenn man aufmerksam hinsieht. Man KANN ein Buch schon anhand des Einbandes ein Stück weit beurteilen.
Aber es ist mehr die Art, wie der Einband abgegriffen ist als das grundlegende Design. Und wenn man es nicht aufklappt, wird man nie Gewissheit haben.

NATÜRLICH steckt in vielen Fetten ein wertvoller Mensch. Der Wert eines Menschen wird nämlich nicht durch die Leibesfülle bestimmt. Und wer den Idealen der jeweiligen Zeit nicht entspricht, hat reichlich Gelegenheit, einen differenzierten Charakter zu entwickeln.
Weitaus mehr als jemand, dem alles in den Schoß fällt. Wobei auch solche es durchaus schaffen können, wenn sie wollen.

Aber ebenso natürlich wird jemand, der beispielsweise fett ist, auch sofort abgeurteilt.
Man spricht ihm nicht nur die Paarungseignung ab - was eine reine Geschmackssache ist. Man spricht ihm auch jede andere Qualität ab. Weil er ein Untermensch ist.
Und ich frage mich in solchen Momenten immer, in welcher Zeit wir leben…

Ich würde mir wünschen, dass jemand wie Jonathan zu jemandem wie Simon Cowell nach dem Auftritt sagt:
„Wenn du dich nicht eben noch wie ein grenzdebiles Arschloch verhalten hättest, wäre mir dein Lob jetzt wirklich was wert. Aber so… Welchen Wert hat Lob von einem menschlichen Stück Scheiße?“
Und zum Publikum könnte er sagen: „Ach? Jetzt weint ihr, weil es so schön war? Und vorher habe ich euch angewidert. Was hat sich verändert? Denkt mal drüber nach…“

Ich weiß, wie sich der Junge sein Leben lang gefühlt hat. Been there, done that. Zu meinem Glück nicht in dem starken Ausmaß, wie bei Jonathan, sodass es mir leichter fiel, durch reine Attitüde gewisse Mankos auszugleichen. Was für ihn weitaus schwieriger wäre.
Und wiederum zu meinem Glück fand ich den Schlüssel zum Erfolg in meinem Kopf und konnte meine eigenen Reichsparteitage feiern, wenn ich Frauen flachlegte, die angeblich weit jenseits meiner Liga spielten. Was meinem Selbstwertgefühl reichlich Auftrieb verschafft hat. So wie hoffentlich das Stimmtalent dieses Jungen ihm Auftrieb verschaffen wird.

Und um ehrlich zu sein, kann ich die ganzen oberflächlichen Schicksen und Flachwichser da draußen nicht einmal hassen. Sie haben einfach nur mein Mitleid, weil sie wertlose Scheiße sind, die kaum jemals über den eigenen Tellerrand schauen kann.
Aber leider braucht man Abstand und eigene Erfolgserlebnisse, um soweit zu kommen. Leider leiden viele junge Menschen einfach nur unter der Beurteilung von außen und finden nie da raus. Weil andere Menschen ihre eigenen Minderwertigkeitskomplexe an ihnen auslassen. Weil die Gesellschaft beschlossen hat, gewisse Makel zu definieren, die einen zum schwarzen Schaf abstempeln, auf dem man nach Belieben herumhacken kann.
FUCK that world!

Aber was will ich eigentlich sagen?
Ich schätze, mir geht es darum, denen beizuspringen und Mut zu machen, die irgendwie gehandicapt sind.
Fakt ist, dass ein Mensch ohne nennenswerte Minderwertigkeitskomplexe (ganz frei davon ist wohl niemand) einfach nicht auf anderen herumhackt. Jedenfalls nicht öffentlich und vor Publikum.
Wir alle motzen mal und pauschalisieren mal und stänkern mal. Aber wer mit sich selbst im Reinen ist, geht mit seinen Mitmenschen halbwegs anständig um.
Im Umkehrschluss bedeutet das also, dass alle Lästerer und Stänkerer dieser Welt einfach nur kompensieren, was sie an sich selbst so sehr hassen, wenn sie andere unprovoziert beleidigen. Was sie zu jemandem sagen, empfinden sie in irgendeiner Form sich selbst gegenüber. Und sei es unbewusst. Daher schöpfen Arschlöcher ihren Hass.

Wer also Opfer solcher Oberflächlichkeiten wird, muss nicht traurig sein. Er oder sie ist gerade Zeuge von kompensiertem Selbsthass geworden. Bei einem Menschen, der vielleicht noch unglücklicher ist, als man selbst.
Mitgefühl muss man allerdings nicht zeigen, denn diese Leute haben ja beschlossen, ihren Selbsthass an anderen auszulassen. Und dafür dürfen sie ruhig einsam bleiben.
Stattdessen sollte man in sich hinein lächeln, weil es einem im Vergleich zu diesen Leuten innerlich meist doch irgendwie weitaus besser geht. Und weil man erwiesenermaßen mehr wert ist als dieser Abschaum…

Wenn man also andere Leute aufgrund von Oberflächlichkeiten aburteilt, urteilt man sich selbst für all diejenigen ab, die etwas tiefer schauen können als der Durchschnitt.
Denkt mal drüber nach, ihr magersüchtigen Bulimiefrettchen. :-P

In diesem Sinne…
…traumhaften Tag allen, die ihn verdienen. ;-D

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