Zuerst sollte ich wohl den Titel erklären: Blinder
Aktionismus ist mein Lieblingswort des Jahrzehnts. Zensursulas Versuche, den
Zugriff auf das Internet für alle zu beschränken, außer für diejenigen, die sie
offiziell auf dem Kieker hatte, waren Blinder Aktionismus. Und alles andere,
was in die Kategorie ‚wir müssen was tun, also tun wir einfach irgendwas Sinnloses,
anstatt uns die Zeit zu nehmen, etwas Sinnvolles zu fabrizieren, auch wenns ein
wenig länger dauert‘, fallen natürlich ebenso in diesen Bereich.
Dementsprechend wäre einäugiger Aktionismus nicht völlig
verblödete - oder ‚blind‘ - sondern nur zur Hälfte für den Arsch. Und genau so
meine ich das auch.
Stein des Anstoßes ist - mal wieder - das Thema Werbung.
Diesmal allerdings auf der Metaebene.
Es geht um ein kürzlich vom OLG Köln gefälltes Urteil zu
einer vergleichenden Werbung eines Spülmittelherstellers.
Detailinformationen hier:
Kurz zusammengefasst hat ein Spülmittelhersteller sein
Produkt mit einem anderen Produkt verglichen und es so aussehen lassen als
würde das Eigenprodukt schwimmendes Fett ganz klar viel besser verdrängen als
das Konkurrenzprodukt.
Dumm nur, dass es nicht das Spülmittel war, sondern
simple Physik, die diesen Effekt erzielte. Weswegen die Werbe-Behauptung ganz
einfach sachlich nicht korrekt war.
Aus diesem Grund wurde besagter Hersteller auch dazu
verdonnert, diesen sogenannten Schauvergleich zu unterlassen. Darf jetzt nicht
mehr gezeigt werden. Was an und für sich eine gute Sache ist, richtig?
Unwahrheiten in der Werbung werden also nicht toleriert und
selbst Konzerne müssen sich an die Wahrheit halten. Gute Sache. Denkwürdiges
Urteil. Fein?
Mööööp!
Falsch.
Ja. Der Schauvergleich selbst darf nicht mehr gezeigt
werden. Weil er eindeutig unwahr ist.
Der Werbeslogan über die beste Fettlösekraft - oder sowas
in der Art - darf allerdings weiterhin verwendet werden. Sowas ‚gehört einfach
zur Werbung‘, heißt es. Und da fängt die eigentlich gute Sache schon an ins
Negative auszuschlagen.
Schließlich ist ‚die Beste‘ eine ziemlich klare Aussage.
Sie bedeutet: Nichts ist besser als dieses Produkt für die angegebene Aufgabe
geeignet. Und das wäre etwas, was ich gerne glauben würde, aber nicht kann,
wenn es nicht eindeutig wissenschaftlich belegt ist.
Schließlich behauptet das irgendwie jeder…
Der Schauvergleich ist also wegen Unwahrheit verboten
worden. Der ebenso lächerliche Werbeslogan aber nicht. Und das macht aus einer
eigentlich lobenswerten Aktion schon eine Lachnummer. Aber der tatsächliche Klopfer
ist ein wenig besser versteckt. Um ihn zu erkennen, muss man erst einmal über
die Sache nachdenken.
Wenn man sich eine komplette Werbepause auf einem
Privatsender ansieht, (don’t try that at home!) sieht man so einige ziemlich
fragwürdige Werbebehauptungen in Bild und Ton. Einige sind suggestiv, aber
andere stellen schon recht klare Behauptungen auf, die man sogar durchaus
leicht widerlegen könnte, wenn man vom Fach wäre.
Aber niemand verdonnert die Verantwortlichen dazu, diese
Werbungen zu unterlassen.
Der Grund ist simpel: Wo kein Kläger, da kein Richter.
Wenn also nicht der Spülmittelhersteller B gegen Firma A
klagt, weil in einer vergleichenden Werbung das Produkt von B schlecht aussieht
- was ja blöd für Firma B ist - dann…
…interessiert es kein Schwein, ob die Werbung unwahr ist.
Kein Gericht wird von alleine aktiv, um den Haufen
Bullenscheiße, der uns tagtäglich aufgetischt wird, mal zu reduzieren. Erst,
wenn jemand klagt, wird der Fall überhaut beachtet.
Natürlich wäre es sauteuer, eine Kommission einzurichten,
die Werbung auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft und gegebenenfalls Anzeige
erstattet. Unpraktikabel…
Oder? Gibt es nicht genau sowas für die Prüfung auf
jugendgefährdende Inhalte? Mir ist so, als könne ich sogar fast ein Logo von so
einer Kommission sehen. Irgendwas mit FSK…
Also ist es vielleicht doch praktikabel und umsetzbar,
wenn es denn als wichtig betrachtet wird.
Hmm…
So wie es derzeit steht, muss man sich als Verbraucher an
die Verbraucherzentralen wenden oder selbst klagen. Und die wenigsten können
sich Letzeres leisten, während Erstere einfach nicht für jeden Scheiß ein gerichtliches
Fass aufmachen können. Die haben nämlich auch nur begrenzte Mittel.
Also wird nur dann was in Sachen unwahrer Werbung
unternommen, wenn ein anderer Konzern seine Pfründe in Gefahr sieht. Und DAS
ist dann wirklich sehr einäugiger Aktionismus, denn da wird der Teufel mit dem Beelzebub
ausgetrieben.
Im Endeffekt haben wir Verbraucher und Endkunden davon
gar nichts, denn auf eine unwahre Behauptung mehr oder weniger kommt es
wirklich nicht an.
Also ist das Urteil vom OLG Köln kein Grund zur Freude,
sondern völlig irrelevant.
Aber leider wird das kaum jemandem auffallen. Viele
werden sich eher denken: Endlich passiert da mal was. Und werden sich zufrieden
zurücklehnen, Werbung schauen und sich weiter belügen lassen.
Operation gelungen, Patient tot. Zensursula wäre höchst
erfreut, wenn die Nummer bei ihr so abgelaufen wäre.
Ich frage mich nun: Bin ich der Einzige, dem das auf die
Nüsse geht? Oder vielleicht sogar einer der Wenigen, denen sowas überhaupt
auffällt?
Nervt es keinen, wie wir immer wieder manipuliert werden?
Sind wirklich alle so abgestumpft, dass sie es nicht mehr checken?
In der Hoffnung, dass es nicht jedem am Arsch vorbei
geht, schreibe ich diesen Rant darüber. Vielleicht merkt ja jemand daraufhin
auf. Vielleicht sogar mal jemand, der im Lotto gewonnen hat und sich eine
dicke, fette Klage gegen einen der Werbelügner leisten kann.
Das wäre ein Traumergebnis.
Aber ich bin auch schon zufrieden, wenn der eine oder andere
bei der nächsten Werbepause mal die Stirn krauszieht und sich fragt, was er
sich da für einen Haufen Scheiß gibt. Irgendwo muss man ja anfangen, ne?!
In diesem Sinne…
…danke, dass Sie bei der besten, wahrsten und
unvoreingenommensten Nachrichtensendung eingeschaltet haben, wo es geben tut.
Und seriös ist sie auch. Total!
;-D
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