Mittwoch, 14. August 2013

Ranting about - Einäugiger Aktionismus


Zuerst sollte ich wohl den Titel erklären: Blinder Aktionismus ist mein Lieblingswort des Jahrzehnts. Zensursulas Versuche, den Zugriff auf das Internet für alle zu beschränken, außer für diejenigen, die sie offiziell auf dem Kieker hatte, waren Blinder Aktionismus. Und alles andere, was in die Kategorie ‚wir müssen was tun, also tun wir einfach irgendwas Sinnloses, anstatt uns die Zeit zu nehmen, etwas Sinnvolles zu fabrizieren, auch wenns ein wenig länger dauert‘, fallen natürlich ebenso in diesen Bereich.
Dementsprechend wäre einäugiger Aktionismus nicht völlig verblödete - oder ‚blind‘ - sondern nur zur Hälfte für den Arsch. Und genau so meine ich das auch.

Stein des Anstoßes ist - mal wieder - das Thema Werbung. Diesmal allerdings auf der Metaebene.
Es geht um ein kürzlich vom OLG Köln gefälltes Urteil zu einer vergleichenden Werbung eines Spülmittelherstellers.
Detailinformationen hier:


Kurz zusammengefasst hat ein Spülmittelhersteller sein Produkt mit einem anderen Produkt verglichen und es so aussehen lassen als würde das Eigenprodukt schwimmendes Fett ganz klar viel besser verdrängen als das Konkurrenzprodukt.
Dumm nur, dass es nicht das Spülmittel war, sondern simple Physik, die diesen Effekt erzielte. Weswegen die Werbe-Behauptung ganz einfach sachlich nicht korrekt war.

Aus diesem Grund wurde besagter Hersteller auch dazu verdonnert, diesen sogenannten Schauvergleich zu unterlassen. Darf jetzt nicht mehr gezeigt werden. Was an und für sich eine gute Sache ist, richtig?
Unwahrheiten in der Werbung werden also nicht toleriert und selbst Konzerne müssen sich an die Wahrheit halten. Gute Sache. Denkwürdiges Urteil. Fein?

Mööööp!
Falsch.

Ja. Der Schauvergleich selbst darf nicht mehr gezeigt werden. Weil er eindeutig unwahr ist.
Der Werbeslogan über die beste Fettlösekraft - oder sowas in der Art - darf allerdings weiterhin verwendet werden. Sowas ‚gehört einfach zur Werbung‘, heißt es. Und da fängt die eigentlich gute Sache schon an ins Negative auszuschlagen.
Schließlich ist ‚die Beste‘ eine ziemlich klare Aussage. Sie bedeutet: Nichts ist besser als dieses Produkt für die angegebene Aufgabe geeignet. Und das wäre etwas, was ich gerne glauben würde, aber nicht kann, wenn es nicht eindeutig wissenschaftlich belegt ist.
Schließlich behauptet das irgendwie jeder…

Der Schauvergleich ist also wegen Unwahrheit verboten worden. Der ebenso lächerliche Werbeslogan aber nicht. Und das macht aus einer eigentlich lobenswerten Aktion schon eine Lachnummer. Aber der tatsächliche Klopfer ist ein wenig besser versteckt. Um ihn zu erkennen, muss man erst einmal über die Sache nachdenken.
Wenn man sich eine komplette Werbepause auf einem Privatsender ansieht, (don’t try that at home!) sieht man so einige ziemlich fragwürdige Werbebehauptungen in Bild und Ton. Einige sind suggestiv, aber andere stellen schon recht klare Behauptungen auf, die man sogar durchaus leicht widerlegen könnte, wenn man vom Fach wäre.
Aber niemand verdonnert die Verantwortlichen dazu, diese Werbungen zu unterlassen.

Der Grund ist simpel: Wo kein Kläger, da kein Richter.
Wenn also nicht der Spülmittelhersteller B gegen Firma A klagt, weil in einer vergleichenden Werbung das Produkt von B schlecht aussieht - was ja blöd für Firma B ist - dann…
…interessiert es kein Schwein, ob die Werbung unwahr ist.
Kein Gericht wird von alleine aktiv, um den Haufen Bullenscheiße, der uns tagtäglich aufgetischt wird, mal zu reduzieren. Erst, wenn jemand klagt, wird der Fall überhaut beachtet.

Natürlich wäre es sauteuer, eine Kommission einzurichten, die Werbung auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft und gegebenenfalls Anzeige erstattet. Unpraktikabel…
Oder? Gibt es nicht genau sowas für die Prüfung auf jugendgefährdende Inhalte? Mir ist so, als könne ich sogar fast ein Logo von so einer Kommission sehen. Irgendwas mit FSK…
Also ist es vielleicht doch praktikabel und umsetzbar, wenn es denn als wichtig betrachtet wird.
Hmm…

So wie es derzeit steht, muss man sich als Verbraucher an die Verbraucherzentralen wenden oder selbst klagen. Und die wenigsten können sich Letzeres leisten, während Erstere einfach nicht für jeden Scheiß ein gerichtliches Fass aufmachen können. Die haben nämlich auch nur begrenzte Mittel.
Also wird nur dann was in Sachen unwahrer Werbung unternommen, wenn ein anderer Konzern seine Pfründe in Gefahr sieht. Und DAS ist dann wirklich sehr einäugiger Aktionismus, denn da wird der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben.
Im Endeffekt haben wir Verbraucher und Endkunden davon gar nichts, denn auf eine unwahre Behauptung mehr oder weniger kommt es wirklich nicht an.

Also ist das Urteil vom OLG Köln kein Grund zur Freude, sondern völlig irrelevant.
Aber leider wird das kaum jemandem auffallen. Viele werden sich eher denken: Endlich passiert da mal was. Und werden sich zufrieden zurücklehnen, Werbung schauen und sich weiter belügen lassen.
Operation gelungen, Patient tot. Zensursula wäre höchst erfreut, wenn die Nummer bei ihr so abgelaufen wäre.

Ich frage mich nun: Bin ich der Einzige, dem das auf die Nüsse geht? Oder vielleicht sogar einer der Wenigen, denen sowas überhaupt auffällt?
Nervt es keinen, wie wir immer wieder manipuliert werden? Sind wirklich alle so abgestumpft, dass sie es nicht mehr checken?

In der Hoffnung, dass es nicht jedem am Arsch vorbei geht, schreibe ich diesen Rant darüber. Vielleicht merkt ja jemand daraufhin auf. Vielleicht sogar mal jemand, der im Lotto gewonnen hat und sich eine dicke, fette Klage gegen einen der Werbelügner leisten kann.
Das wäre ein Traumergebnis.
Aber ich bin auch schon zufrieden, wenn der eine oder andere bei der nächsten Werbepause mal die Stirn krauszieht und sich fragt, was er sich da für einen Haufen Scheiß gibt. Irgendwo muss man ja anfangen, ne?!


In diesem Sinne…
…danke, dass Sie bei der besten, wahrsten und unvoreingenommensten Nachrichtensendung eingeschaltet haben, wo es geben tut. Und seriös ist sie auch. Total!
;-D

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