Liebe Emma,
eine schöne Rede hast du da vor den Damen und Herren der
UN zum Start der HeForShe Kampagne gehalten. Dem Grundsatz nach hätte ich dem
eigentlich auch mehr Zustimmung entgegenzubringen, als Ablehnung, aber du hast
da die eine oder andere Frage gestellt und auch ein paar Aussagen getroffen, die
ich nicht unkommentiert stehen lassen will.
Zunächst mal ist da die Sache mit der Idee und dem Wort.
Feminismus sei nur ein Wort und es sei die Idee, die zähle, sagtest du. Daher
solle man nicht die Idee aufgrund des unliebsamen Wortes ablehnen.
Klingt toll, aber… Ideen sind nur private Gedanken, bis
sie in Worte gefasst und geteilt werden. Die Worte definieren die Idee und
bestimmen sie dadurch in gewisser Weise. Angesichts des… ‚schlechten Rufs‘, den
das Wort Feminismus - meiner Meinung nach nicht völlig zu Unrecht - hat, wäre
vielleicht ein anderes Wort als Oberbegriff angebrachter. Der gute Joss Whedon
hat da einige Überlegungen angestellt, die dich zu diesem Thema interessieren
könnten. Ruf ihn mal an, das könnte euch beide noch ein Stück weiter bringen.
Davon mal ab, kann ich dir allerdings sagen, weswegen
mich dieses Wort so stört: Es steht nicht für die Gelichberechtigung und
Gleichbehandlung, die auch deine Kampagne als hehres Ideal erkoren hat, sondern
für einen Angriff auf die männliche Hälfte der Gesellschaft. Es ist ein Banner
für die Rachegelüste, die manche Frauen offenbar wegen der Dinge verspüren, die
ihnen oder ihren Müttern und Großmüttern angetan wurden.
Feminismus, wie ich ihn leider zu oft miterlebt habe, ist
nicht auf Harmonie oder Aussöhnung aus, sondern auf ‚Gebietsgewinne‘. Es ist
ein kriegerisches Wort und der Kampf gilt dem anderen Geschlecht.
Danach beurteile ich dieses Wort, ebenso wie ich das
sogenannte Christentum nach seinen Errungenschaften und Taten beurteile. Oder
von mir aus auch den Nationalsozialismus. Ein anderes Messinstrument habe ich
dafür nicht, denn wie man so schön sagt: Der Weg zur Hölle ist mit guten
Absichten gepflastert. Oder anders ausgedrückt: Schön, wenn eine Idee gut ist,
aber es kommt darauf an, was daraus gemacht wird.
Darüber hinaus habe ich aber auch mit dem Ideal selbst
ein Problem, da will ich ganz offen sein. Ich störe mich daran, wenn Ideale
rassistisch sind. Und Feminismus ist eine rassistische Idee durch Auslassung.
Beim Feminismus werden per Definition alle Männer und Jungen außen vor
gelassen. Und ebenso alle anderen Geschlechter, zu denen sich irgendwer
zugehörig fühlt.
Ich finde das nicht fair, denn so, wie du recht damit
hast, dass in keinem Land der Welt alle Frauen völlig fair behandelt werden,
gibt es auch kein Land der Welt, in dem alle Männer fair behandelt werden. Benachteiligung
ist nicht in erster Linie eine Frage des Geschlechts oder der Hautfarbe,
sondern eine Frage der Machtverteilung und vielleicht auch der Lobbys.
Ungleiche Bezahlung gibt es überall und gegenüber allen
möglichen Leuten. Es gibt sie überall dort, wo ein Chef oder eine Firma skrupellos
genug ist, es zu versuchen und damit durchkommt. Einschränkungen bezüglich der
Verfügungsgewalt über den eigenen Körper gibt es ebenfalls auch bei männlichen Menschen.
Um hier mal ein Beispiel zu bringen, will ich auf Beschneidung im Kindesalter
verweisen, die längst nicht mehr nur aus religiösen Gründen durchgeführt wird,
sondern wegen… naja… deswegen halt. Weil Tradition und so…
Will ich hiermit den Fokus von den Frauen weg auf die
armen Opfermännchen verschieben und dem Feminismus den Wind aus den Segeln
nehmen? Will ich das den Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen aufgrund von deren
Geschlecht gegenüberstellen?
Nein, verdammt!
Was ich verdeutlichen will ist, dass eine Gleichbehandlungsidee
nur dann etwas taugt, wenn sie alle ungleich behandelten mit einbezieht. Die
IDEE wohlgemerkt, nicht notwendigerweise die jeweilige Bewegung in allen Details.
Ich verstehe, dass man sich bei begrenzten Ressourcen und
limitierter Arbeitskraft erreichbare Ziele stecken muss. Ein solches Ziel -
auch wenn man über die Erreichbarkeit sicherlich streiten kann - ist
beispielsweise das Ziel einer einheitlichen, geschlechtsunabhängigen Bezahlung.
Wobei ich auch hierbei lieber etwas über einheitliche Bezahlung für alle
Infragekommenden, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Religion, Hautfarbe
oder sexueller Orientierung sprechen würde.
Aber selbst wenn man für ein solches, klar abgegrenztes
Teilziel streitet, sollte man sich dabei zu der Idee gleicher Rechte für ALLE
bekennen. Die Idee als solche nur auf einen Teil der Menschheit zu beschränken,
ist nämlich rassistisch und führt am Ende dazu, dass bei einem Sieg in diesem
Bereich zwangsläufig irgendeine andere Gruppe benachteiligt wird, um die
Verluste wieder auszugleichen. Und dann brauchen wir eine Männerrechtsbewegung
oder eine Kampagne zur Erringung gleicher Rechte für die nun benachteiligten
Luxemburger oder was auch immer.
Der Vorteil dabei, in der Idee auch wirklich gleiche Rechte für alle zu propagieren ist außerdem, dass damit letztlich die aufs Korn
genommen werden, die WIRKLICH für die Ungerechtigkeiten verantwortlich sind.
Diejenigen, die von Ungleichbehandlung profitieren, was Männer, Frauen,
Schwarze, Weiße, Schwule, Heteros oder sogar Aliens sein mögen.
Diejenigen in den jeweiligen Machtpositionen behandeln
ihre Untergebenen oder Schutzbefohlenen oder zufällig ihnen sozial Untergeordneten
nämlich oft ungerecht, einfach weil sie es können. Gerechtigkeit muss gelehrt
und auch eingefordert werden, aber es ist kein Erfolg errungen, wenn dabei nur
eine Gruppe profitiert und sich das Ungleichgewicht einfach nach woanders
verschiebt.
Nur wenn rigoros alle gefordert sind, sich anständig zu
verhalten, egal mit wem oder was sie es zu tun haben, ist das Ergebnis auch
übertragbar. Andernfalls machen es sich die Leute mit der Macht nämlich einfach
und sagen irgendwann, dass sie doch jetzt Frauen fair behandeln. Und die nun
geknechteten Luxemburger (Sorry, liebe Nachbarn, aber ich brauchte eine
greifbare Minderheit und ihr seid nun einmal eine kleine Nation) müssen
daraufhin erst einmal eine fünfzigjährige Kampagne starten, damit überhaupt
jemand darauf aufmerksam wird, dass sie jetzt die neuen Frauen sind und eine Bewegung
für ihre Rechte brauchen.
Nun, da das hoffentlich halbwegs verständlich beleuchtet
wurde, will ich noch etwas zum Thema Respekt loswerden. Im Zusammenhang mit
Feminismus-Themen wird dieses Wort nämlich gerne und oft missbraucht. Sexualisierung,
Objektifizierung und sonstiger Unfug kommen da gerne mal in schönen, dicken
Scheiben auf den Teller.
Um es aber mal ganz direkt zu sagen: Das ist Bullshit.
Frauen und Männer sind unterschiedlich und das ist auch
gut so. Körperliche Unterschiede sind ebenso Teil unserer Spezies, wie ein
unterschiedlicher Umgang mit diesen Unterschieden. Frauen tuscheln im Privaten
und möglichst ohne unerwünschte Zeugen über Männer und machen sie zu
Sexobjekten - und ja, das tun sie oft und gerne und das ist auch okay - und
Männer sind da etwas weniger diskret.
Ist es ein Zeichen von mangelndem Respekt, wenn sie sich
dabei erwischen lassen? Das lässt sich nur individuell beurteilen, aber
hinsichtlich der Gesamtheit muss die Antwort nein lauten. Männer können Frauen
individuellen und allgemeinen Respekt entgegenbringen und trotzdem bemerken,
dass eine spezifische Frau tolle Möpse hat. Ebenso, wie Frauen einen Mann respektieren
können, auch wenn sie am liebsten nur auf seinen Knackarsch starren würden. Der
Unterschied ist, dass Frauen - interessanterweise durch ihre Vergangenheit als
Menschen zweiter Klasse - gelernt haben, ihr Wohlgefallen nicht so stumpf zum
Ausdruck zu bringen.
Was diese Sache angeht, wird in meinen Augen viel, viel
Wirbel um rein gar nichts gemacht. Ob jemand ein respektloses Arschloch ist
oder nicht, lässt sich individuell recht schnell entscheiden. Dafür brauchen
wir keine Definitionshilfen in Form von starren Benimmregeln. Und falls wir
solche Regeln doch erstellen, müssten sie gemeinschaftlich erarbeitet werden.
Sollte das jemals geschehen, hoffe ich wirklich, dass dabei
nicht die Gedankenfreiheit auf der Strecke bleibt, aber das ist ein anderes
Thema.
Bleibt nur noch eine Frage offen: Warum mache ich mir die
Mühe, das alles überhaupt niederzuschreiben?
Die Antwort habe ich oben gegeben: Es ist eine Idee und
ich gebe ihr Form mit meinen Worten und definiere sie.
Meine Idee ist ziemlich radikal, weil ich keine Lust
habe, mich in kleinen, nutzlosen Konflikten um einzelne Missstände zu verzetteln.
Ich strebe nach Höherem, weil ich gerne bis zu meinem Tod an der Hoffnung
festhalten können will, dass es irgendwann einmal besser werden könnte mit der Menschheit.
Dass wir einen Weg finden, unsere aggressive, sexbesessene Natur zu akzeptieren
und trotzdem Gerechtigkeit, Verständnis und Mitgefühl vorherrschen. Zwischen
jedem und jeder, ganz gleich, welche individuellen Unterschiede gerade
vorliegen.
Mein Lösungsansatz ist dafür sehr einfach und im kleinen Rahmen
gehalten: Ich erhoffe mir, dass Einzelne den Anfang machen und mehr
individuelle Urteile fällen, statt sich Gruppendruck, gesellschaftlichem Zwang
oder Medienbeeinflussung zu beugen.
Ganz genau deswegen schreibe ich das nieder und mache
einen offenen Brief daraus. Irgendwie muss ich es schließlich unter die Leute
bringen, selbst wenn es nur die wenigen Leser meines Blogs sind…
In diesem Sinne…
…viel Erfolg bei deinen Bemühungen, Emma. Ich hoffe, dein
Horizont erweitert sich irgendwann und deine Anstrengungen schließen letztlich
alle mit ein. Ich denke, das würde dir durchaus auch gefallen, denn eine
Feministin wie die, die ich von früher kenne, bist du gewiss nicht. ;-)
PS: Was ich bei alledem nicht unerwähnt lassen will ist, dass ich es absolut beknackt finde, was der guten Emma nicht zuletzt aufgrund ihrer Rede da nun angedroht wird. Von wegen Veröffentlichung irgendwelcher Nacktfotos, die Hacker gestohlen haben...
Weder interessieren mich solche Fotos, noch habe ich irgendwelche Sympathien für derartige Kindereien übrig. Das ist einfach nur unterste Schublade und wenn jetzt deswegen Nacktfotos von mir gefaked werden, habe ich damit kein Probelm... :-P
PS: Was ich bei alledem nicht unerwähnt lassen will ist, dass ich es absolut beknackt finde, was der guten Emma nicht zuletzt aufgrund ihrer Rede da nun angedroht wird. Von wegen Veröffentlichung irgendwelcher Nacktfotos, die Hacker gestohlen haben...
Weder interessieren mich solche Fotos, noch habe ich irgendwelche Sympathien für derartige Kindereien übrig. Das ist einfach nur unterste Schublade und wenn jetzt deswegen Nacktfotos von mir gefaked werden, habe ich damit kein Probelm... :-P
Toll geschrieben, Mike.
AntwortenLöschenSuper, da stehe ich als emanzipierte Frau, nicht Emanze, hinter deiner Idee. Selbst als weibliches Wesen halte diese derzeit angestrebte Art des Feminismus für übertrieben, ein Invertieren der alten Firm
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