Montag, 2. September 2013

Thoughts on - das Lolita-Phänomen


Wie angedroht bin ich noch nicht mit dem Thema durch.
Eben habe ich einen Rant zu Cherice Moralez, StaceyRambold und Richter Todd Baugh abgelassen. Da ging es um Rechtsprechung und eventuell vorschnelle Verurteilung.
Hier geht es nun um die Hintergründe des Falles einer 14jährigen Schülerin, die einvernehmlichen oder auch nicht einvernehmlichen Sex mit ihrem 48-jährigen Lehrer hatte.

Ich habe einen nicht uninteressanten Artikel dazu gefunden, der direkt Bezug zum Fall nimmt. Er ist auf Englisch, aber definitiv einen Blick wert. Auch wenn ich mit den Schlussfolgerungen der Autorin ganz und gar nicht übereinstimme.


Ich kenne selbst Fälle von Frauen, die sich absichtlich und wissentlich für deutlich ältere Männer interessiert haben. Und ich kenne Fälle, die denen der Schreiberin des Beitrags ähneln.
Ich kenne eine Nymphomanin. Und wenn man so jemanden mal wirklich kennengelernt hat, ist an dem Begriff eigentlich nichts mehr witzig. Das dreckige Lachen des typischen Durchschnittsmannes bei diesem Wort bleibt einem dann leicht im Hals stecken.
Selbsthass und zwanghafte Verhaltensweisen sind nicht erotisch, sondern ziemlich hässlich. Sex ist da so ziemlich das Letzte, worauf ich Lust habe.

Aber jetzt gerade geht es nicht um die Menschen, die aufgrund welcher Faktoren auch immer innerlich so zerstört sind, dass sie in einer abstrakten Form von selbstverletzendem Verhalten älteren Männern hinterher schleichen.
Diese Fälle gibt es ohne Zweifel und diese jungen Frauen brauchen Hilfe. Aber sie sind ganz einfach nicht der ganze Kuchen.

Das Lolita-Phänomen ist nicht einseitig, sondern beidseitig. Es zieht nicht nur ältere Männer zu jungen Frauen, sondern auch junge Frauen - Mädchen - zu älteren Männern.
Frauen sind oft in ihrer emotionalen Entwicklung weiter als Männer, wenn es um die Pubertät geht. Gleichaltrige Jungs sind oftmals viel zu kindisch für die neuen Bedürfnisse. Und selbst etwas ältere Jungs erfüllen noch nicht so ganz die Vorstellungen.
Erwachsene Männer hingegen haben aus der Ferne betrachtet alles, was manchen jungen Mädchen begehrenswert erscheint. Sie sind reif, gefestigt, väterlich und doch anfällig für die Reize, mit denen die Frauen gerade zu spielen lernen.

Die erfolgreiche Verführung eines reiferen Mannes ist ein Sieg mit sehr vielen unterschiedlichen Facetten. Und sicherlich auch mit einigen ziemlich hässlichen Falltüren, denn wir Männer werden in sexueller Hinsicht nur sehr, sehr langsam erwachsen und können sehr wohl ganz allein körperlich auf so eine Verführung reinfallen.
Die ersehnte emotionale Beziehung oder gar eine intellektuelle Verständigung finden in so einem Fall extrem selten statt. Für den Mann geht es um erotische Reize und für das Mädchen sicherlich zumindest nicht ausschließlich oder auch gar nicht darum.
Keine gute Grundlage für eine Win-Win-Situation.

Aber deswegen sind 30 Jahre Altersunterschied dennoch nicht immer eine missbräuchliche Sache.
Man bedenke: Ist er 90 und sie 60, kräht kaum noch ein Hahn danach. Ist er 60 und sie 30, ist Neid und missgünstiger Zweifel die vorherrschende Reaktion. Und ist er 50 und sie 20, wird das noch einmal um eine Zehnerpotenz gesteigert.
Aber mit jedem Jahr, das sie dann jünger ist als 20, wird die Sache plötzlich ‚komisch‘. Bis offene Ablehnung klar vorherrscht.

NATÜRLICH ist eine 14jährige keine echte Partnerin für einen 40-jährigen. Ihr fehlt es an Lebenserfahrung, um etwas in die Partnerschaft einzubringen. Ihr fehlt die Reife für eine langfristige Beziehung. Ihre Prioritäten sind noch ganz anders. Sie beginnt gerade erst mit alldem, was er bereits hinter sich hat.
Das kann doch nicht gutgehen!
Oder?

Um bei der Wahrheit zu bleiben: Es geht selten gut.
Die Hürden sind riesig. Es gibt so unglaublich viele Unterschiede, dass man daran verzweifeln kann. Und insbesondere die junge Frau entwickelt sich so rasant weiter, dass die Beziehung kaum eine Chance auf Dauerhaftigkeit hat.
Aber…!

So eine Verbindung kann - wenn wir gerade mal den Sex kurz vergessen - ziemlich aufregend sein.
Jugendliche haben eine oft noch nicht sehr voreingenommene Weltsicht. Sie haben Energie Tatendrang. Und sie haben einen riesigen Wissensdurst.
Eine jugendliche Frau kann einen erwachsenen Mann dazu bringen, die Welt noch einmal mit jüngeren Augen zu sehen. Unmögliches erscheint plötzlich wieder machbar. Wissen und Erfahrungen, die angesammelt wurden, können weitergegeben werden und werden oft aufgesogen, wie von einem Schwamm.
Altersbedingte Weisheit kann angenommen werden und dabei helfen, einige Fehler nicht erst selbst machen zu müssen. Synergien können entstehen.
KÖNNEN, wohlgemerkt.

Ich bin den 40 nahe und habe generell gerne Gesprächspartner, die auch mal älter sind. Sofern sie nicht in ihrer Denkstruktur völlig festgerostet sind, was leider in diesem Alter sehr häufig ist.
Aber ich habe auch mit der Zeit einzelne junge Menschen kennengelernt, deren Intelligenz und Anpassungsfähigkeit mit sehr beeindruckten. Es gab nie eine Beziehung mit einem extremen Altersunterschied, aber es gab und gibt Freundschaften, die jede Altersgrenze ignorieren.
Weil ich Menschen eben aufgrund ihrer Kapazitäten und nicht aufgrund fehlenden Wissens oder geringerer Erfahrung beurteile.

Eine Meinung kann auch eine 14-jährige haben. Und sie kann diese auch vertreten und verargumentieren.
Sicherlich kann ich sie aufs Glatteis führen, weil ich Übung darin habe. Aber das kann ich mit nur geringfügigem Mehraufwand auch bei einer 34-jährigen oder einer 54-jährigen.
Tatsächlich ist es oft bei älteren Menschen viel leichter sie zu manipulieren, weil man nur ihr Wesen erkennen muss, um die richtigen Hebel zu entdecken. Bei Jugendlichen steht dieses Wesen noch nicht endgültig fest und sie können sich derartigen Manipulationen besser erwehren, wenn die denn überhaupt Willenskraft und Intelligenz genug dafür aufweisen.

Sicherlich ist es dafür möglich, andere Manipulationsmittel zu finden. Die Begierden und Wünsche von Jugendlichen sind sehr leicht zu erkennen und teilweise auch für Erwachsene sehr leicht zu erfüllen.
Aber das setzt voraus, dass ich überhaupt manipulieren WILL!

Klar sind viele Affären bei extremen Altersunterschieden Nutzverhältnisse für eine Seite. Der Mann kriegt knackiges Jungfleisch. Oder das Mädchen einen erfahrenen Lover fürs erste Mal.
Aber… Wenn das für beide das ist, was sie sich wünschen, ist doch eigentlich - ganz amoralisch betrachtet - alles in Butter. Beide bekommen, was sie wollen. Keiner wird benachteiligt.

Aber, aber… Was, wenn der Mann die Naivität nur ausnutzt und sich an dem Mädchen befriedigt, ohne deren Bedürfnisse zu beachten? Was, wenn er ihre Unerfahrenheit benutzt, um von ihr Sachen zu verlangen, die sie aus Unkenntnis mitmacht? Was, wenn…?
Dann ist er ein Arsch. Und gegen Arschlöcher ist in keiner Phase des Lebens ein absolut zuverlässiges Kraut gewachsen. Vom Teenager bis ins Rentenalter fallen wir auf Arschlöcher rein. Selbst die größte Vorsicht schützt davor nicht.

Die Frau, die den oben verlinkten Artikel verfasste, hat reichlich schlechte Erfahrungen gemacht. Und eine ‚Lolita‘ hat gute Chancen, ebenfalls welche zu machen. Unsere Welt ist nämlich leider voller Arschlöcher.
Aber deswegen ist eine Beziehung oder Affäre dieser Art noch lange nicht per se missbräuchlich. Das stimmt einfach nicht.

Und vor allem KANN auch eine 14-jährige sehr wohl einvernehmlich sexuellen Handlungen zustimmen. Wenn sie nicht geistig zurückgeblieben ist, steht sie zwei Jahre vor der eingeschränkten Geschäftsfähigkeit und vier Jahre vor der Volljährigkeit.
Aus meiner Sicht steht sie zwar auch noch locker vierzehn bis zwanzig Jahre vor der geistigen Vollreife und durchschnittlich ebenso weit vor der geistigen Erstarrung in festgefahrenen Denkmustern, aber für Sex muss man nicht erst 30 werden, um ihn haben und auch genießen zu können.

Sex ist eines der Grundbedürfnisse unserer Körper. Wir werden geboren, um ihn zu haben. Naturgemäß, um Kinder zu kriegen oder zu zeugen, aber das ist nicht der Punkt. Unsere Körper sind ab einem bestimmten Punkt in der Pubertät bereit und willens, ihn zu haben. Und daran ist nichts falsch.
Mit wem wir ihn haben, ist allein unsere Entscheidung. Und Altersunterschiede sind dabei ebenso eine Frage der beteiligten Individuen, wie kulturelle Unterschiede. Leichter wird es damit nicht, aber unnatürlich ist es ganz klar auch nicht, wen junge Frauen sich reife Männer suchen.
Die sind nämlich oftmals auch wirklich ein wenig bessere Exemplare als Gleichaltrige, was den Gesamteindruck angeht.

Missbrauch ist geschlechts-, kultur- und altersunabhängig. Missbrauch ist facettenreich und kann physisch, emotional oder psychisch wirken. Missbrauch ist etwas, wovor jeder einen gewissen Schutz genießen sollte.
Aber nicht alles, was für den einen Missbrauch ist, ist es deswegen für jeden anderen auch. Und manches, was strenggenommen Missbrauch ist, ist eine für fast jeden gültige Realität des Lebens.
Oder denkt irgendwer, dass ein typisches Arbeitsverhältnis in der heutigen Zeit wie einvernehmlicher Sex ist, bei dem beide Parteien in vollem Umfang bekommen, was sie auch geben? In der Arbeitswelt nutzt immer eine Seite die andere aus. Und danach kräht kein Hahn…

Sex auf der anderen Seite ist einfach nur Sex. Wenn alle sich an die vereinbarten Spielregeln halten und keiner dem anderen was Böses will, ist auch kein Leid zu befürchten. Und dennoch ist niemand sicher vor emotionalen Verletzungen, denn sobald Gefühle ins Spiel kommen, kann und wird es irgendwann wehtun.
Mit 14, mit 34 und mit 64. Wir lernen nur, besser damit umzugehen.

Die Lösung für all die Missbrauchsprobleme, die nicht exakt Vergewaltigungen sind, liegt einer Meinung nach in einer Erziehung zur Eigenverantwortlichkeit.
Übergriffe sind die eine Sache, Fehlentscheidungen der späteren Opfer eine andere. Wenn jungen Menschen mehr über die Konsequenzen ihrer Handlungen beigebracht würde, konnten sie weisere Entscheidung treffen oder zumindest bewusster Risiken eingehen.
Das gilt für den Straßenverkehr ebenso, wie für den Geschlechtsverkehr.

Und was die Eltern der ‚lieben Kleinen‘ angeht:
Auf die Nase fallen werden sie so oder so irgendwann. Abschottung bis zum 18ten macht keinen Sinn. Aufklärung, Erziehung zur Eigenverantwortlichkeit und Unterstützung, wenn mal was schief läuft, sind Trumpf.
Wie beim Gehen lernen, werden sie fallen und sich wehtun. Aber man kann ihnen aufhelfen und sie trösten, wenn es passiert. Vor allem kann und sollte man aber erklären und besprechen, anstatt Vorwürfe zu machen oder die eigenen Wunschvorstellungen auf den Nachwuchs zu projizieren.
Dann wird das meist von ganz alleine.


Abschließend will ich sagen, dass ich weiß, dass es ein kontroverses Thema ist. Es gibt leider viel zu viel Missbrauch jeder Art in unserer Welt. Und deswegen sind unsere Kinder und Freunde auch dauernd derartigen Risiken ausgesetzt.
Ich will Vergewaltigungen und Manipulationen, die im Missbrauch Schutzbefohlener gipfeln, nicht schönreden. Ich will nur eine andere Seite dieser Medaille beleuchten.

Ich kenne Leute, die mit 20 oder 30 Jahren Altersunterschied GUTE Erfahrungen gemacht haben. Es sind nicht viele. Aber ganz ehrlich gesagt kenne ich auch niemanden, der bei Gleichaltrigkeit uneingeschränkt gute Erfahrungen gemacht hat.
Altersunterschiede sind eine ebenso große oder kleine Hürde wie Größenunterschiede oder Unterschiede in der Hautfarbe. Es kommt immer auf die beteiligten Individuen und auf die äußeren Umstände an.
Pauschale Urteile haben in der Welt der zwischenmenschlichen Beziehungen einfach keinen Platz. Das sollten am besten alle begreifen.

Deswegen bin ich GEGEN Missbrauch und FÜR Selbstbestimmung in persönlichen Belangen. Auch für Jugendliche. Sogar für Kinder, auch wenn da uneingeschränkte Freiheit sicherlich der falsche Weg ist.
Schaut nicht auf das, was die Gesellschaft sagt. Schaut euch die Beteiligten genau an. Auf die kommt es nämlich an.

In diesem Sinne…
…fröhlichen Lynchmord an mir, weil ich es gewagt habe, dieses Thema nicht wie offiziell gutgeheißen zu betrachten.

2 Kommentare:

  1. Ein großer Altersunterschied ist, wie von dir schon genannt ein großes, zusätzliches Spannungsfeld für eine langfristige Beziehung. Auf der anderen Seite haben Beziehungen häufig sowieso so viele Spannungsfelder, die über den Erfolg entscheiden, dass dies eben genau wie bei den Risikofaktoren für eine Krankheit oder ähnliches einfach nur mit hinzuzählen.

    Der Wesentliche Punkt ist sicher die Bereicherung für den Lebensalltag. Da kann so eine Beziehung sicher wesentlich spannender wirken für beide Seiten. Mir fällt bei dem Thema immer Leon der Profi ein. Ich weiß auch nicht :)

    Aber kommen wir vom Ideal zur Realität. Das eigentliche Problem dabei ist häufig, dass so eine Beziehung häufig aus einer Art Abhängigkeitsverhältnis entsteht. Sei es ein Freund der Familie, ein Lehrer, Nachbar, oder sonst eine Vertrauens oder Bezugsperson. Vielleicht auch jemand aus dem Internet. An dieser Stelle entsteht einfach eine sehr hohe Gefahr der psychischen Traumatisierung, einfach weil der ältere Mann oder die ältere Frau oft, eben nicht die idealen Menschen sind, die den jungen Menschen fördern, sondern eben leider oft auch ihre eigenen Interessen verfolgen, wobei sie aufgrund ihrer Lebenserfahrung und ihrer Möglichkeiten einfach einen gewaltigen natürlichen Vorteil besitzen. An dieser Stelle wird es problematisch.

    Das dieses Problem jedoch auch durchaus bei gleichaltrigen unterschiedlich entwickelten Menschen auftreten kann, ist natürlich ganz klar.

    Wie gesagt, das Thema ist einfach nicht Pauschal auf das Alter der Personen zu reduzieren, sonst tut man den Menschen unrecht. Aber eine Reduzierung eines komplexen Sachverhalts tut dies letztlich immer.

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    1. Ich kann dir in allen Punkten nur recht geben. Es ist ein kniffeliges Thema und jeder Fall ist anders.
      Mich nerven nur die Leute, die einfach pauschal aufgrund des Altersunterschieds ein Urteil fällen. Die nicht nachhaken und sich den Fall wenigstens mal genauer ansehen, sondern deren Urteil schon felsenfest steht. ;)

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